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Kreative Kollaboration: Mehr Kreativität durch interdisziplinäre Teams

Wenn wir von Kreativität sprechen, meinen wir meist das, was eine Person alleine schafft. Dabei steckt in einem Team viel mehr Kreativität als in einer Einzelperson. Sogar mehr als die addierte Kreativität aller Einzelpersonen eines Teams. Wenn sich dann noch Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen zu einer kreativen Kollaboration zusammenfinden, sind erstaunliche Ergebnisse möglich. Diese Chance sollten sich Unternehmen gerade bei der Arbeit an Inhalten nicht entgehen lassen, meint Falk Hedemann. In seinem Artikel zeigt er, welche Vorteile die kreative Zusammenarbeit haben kann.

(Illustration: © LustreArt, depositphotos.com)

Zusammenfassung

  • Kreativität ist schwer zu fassen, aber essentiell für Content-Erstellung
  • Kreativität erfordert das Verlassen der Komfortzone und das Aufbrechen gewohnter Muster
  • Teamarbeit kann Kreativität fördern, da unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen
  • Interdisziplinäre Teams bringen vielfältige Vorteile für den Content-Prozess
  • Kreative Kollaboration erfordert strategisches Wollen und zeitliche Ressourcen
  • In der Praxis wird das Potenzial interdisziplinärer Zusammenarbeit oft noch nicht ausgeschöpft

Kreativität ist schwer zu fassen. Das fängt schon mit der Frage an, ob es sich um eine Fähigkeit, eine Fertigkeit oder etwas ganz anderes handelt. Klar ist aber, dass wir im Content-Bereich auf Kreativität angewiesen sind. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir mit Inhalten arbeiten können, die besonders sind, die etwas Neues, Überraschendes, Innovatives enthalten.

Der Haken: Da wir nicht genau wissen, was Kreativität eigentlich ist, können wir sie auch nicht beliebig abrufen. Und wir können sie auch nicht wie Faktenwissen auf andere Menschen übertragen. Kreativität ist ein ständiger Begleiter der Inhaltsschaffenden, aber sie ist sehr scheu. Sobald man sie direkt anspricht, verstummt sie. „Jetzt sei doch mal kreativ!“, ist daher ein sehr sicherer Weg, Kreativität zu verhindern.

Und doch wissen wir genug über Kreativität, um sie aus der Reserve zu locken und vergessen zu lassen, dass sie im Grunde scheu ist. Wir wissen zum Beispiel, dass Kreativität das Gegenteil von Gewohnheit, Standard, Gleichförmigkeit und all dem ist, was wir schon kennen. Dieses Wissen können wir ganz gezielt für kreative Schaffensprozesse nutzen.

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Unsere Kreativität wird von einer noch erstaunlicheren Fähigkeit ausgebremst

Eine der faszinierendsten Fähigkeiten des Menschen ist es, die Umwelt in all ihren Facetten nahezu mühelos wahrzunehmen. Wir sehen einen Gegenstand und wissen ohne bewusste Interpretation, worum es sich handelt und was wir damit anfangen können.

Wir sehen zum Beispiel einen Stuhl und wissen sofort, dass wir uns darauf setzen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob er aus Metall, Kunststoff, Holz oder Bambus ist oder welche Farbe er hat. Eine künstliche Intelligenz müsste aufwendig trainiert werden, um die gleiche Leistung zu erbringen, die unser Gehirn spontan und in nicht wahrnehmbarer Geschwindigkeit vollbringt. Und selbst wenn das gelänge, gäbe es immer noch Unterschiede: Ein Mensch würde schnell erkennen, dass ein Stuhl aus Papier ihn nicht tragen würde.

Diese erstaunliche Fähigkeit des Menschen reduziert die Komplexität unserer chaotischen Welt auf ein Maß, mit dem wir sehr gut umgehen können. Schau dich einmal ganz spontan um: Wie viele Gegenstände siehst du, die du sofort erkennst und funktional einordnen kannst, die du aber einer Maschine erst umständlich erklären müsstest? Wie würdest du zurechtkommen, wenn diese Objekte bei dir nichts auslösen würden?

Wenn wir aber kreativ sein wollen, müssen wir die Komfortzone der Gewohnheit, Klarheit und Vertrautheit verlassen.

Dieser kognitive Automatismus sorgt dafür, dass wir uns immer in einer gewohnten, standardisierten und geregelten Umgebung befinden. Wenn wir aber kreativ sein wollen, müssen wir diese Komfortzone der Gewohnheit, Klarheit und Vertrautheit verlassen. Wir können nicht erwarten, etwas Neues, Überraschendes, Innovatives zu schaffen, wenn wir uns in einer Situation befinden, die dem maximal entgegengesetzt ist.

Kreativ zu werden bedeutet also beispielsweise, gewohnte Muster aufzubrechen und ganz bewusst neu zu interpretieren. Das geht als Individuum, aber noch viel besser in der Gruppe.

Kreativübung: „Magritte“

„Ceci n’est pas une pipe.“ („Das ist keine Pfeife“) steht auf einem der bekanntesten Bilder des Künstlers René Magritte. Es trägt den Titel „La trahison des images” („Der Verrat der Bilder“). Das Bild zeigt eine Pfeife.

Die Aufgabe: Zeige ein Bild eines bekannten Gegenstandes und bitte das Team um eine Funktionsbeschreibung. Nur die tatsächliche Funktion ist tabu. Beispiel: Wofür kann man einen Stuhl noch benutzen?

Warum wir im Team kreativer sind

Kreativität lässt sich nur selten genau zum richtigen Zeitpunkt als Funktion einfach einschalten. Dennoch gibt es Wege, die eigene Kreativität anzuregen. Beispielsweise durch KI-Tools, die als Sparringspartner fungieren. Wie das funktioniert und wofür sich KI-Tools kreativ nutzen lassen, beschreibt Jan Tißler in seinem Artikel „Kreative Intelligenz und Künstliche Kreativität: Ist KI nun Helfer oder Zerstörer?“.

Eine weitere Möglichkeit ist das eigene Team. An der Content-Arbeit sind in der Regel mehrere Personen beteiligt, die gemeinsam den Content-Prozesskreislauf aus Strategie/Konzeption, Planung, Kreation, Management, Distribution und Erfolgsmessung/Analyse abbilden. Je nach Größe der Organisation kommt hier eine ordentliche Gruppe von Menschen zusammen, die zum Teil sehr unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen mitbringen.

Dazu gehört auch die Nutzung des individuellen kreativen Potenzials. Jeder in einem Team kann kreativ denken, aber viele müssen es für ihren Aufgabenbereich nicht unbedingt. Hier liegt also ein enormes Potenzial brach, wenn wir es nicht aktiv nutzen. Dass eine Gruppe von Menschen in der Summe kreativer sein kann als ein Einzelner, dürfte schnell einleuchten.

Nur wenn sich alle im Team völlig frei und unbefangen fühlen, können sie sich kreativ öffnen und ihren Teil zur kreativen Kollaboration beitragen.

Das kann man sehr gut erleben, wenn man die obige Magritte-Übung zuerst alleine und dann im Team durchführt. Es kann sehr erstaunlich sein, wie sich kreative Gedanken gegenseitig befruchten und zu noch mehr kreativen Ideen führen. Natürlich braucht es etwas Übung und vor allem einen gesunden Teamgeist. Nur wenn sich alle im Team völlig frei und unbefangen fühlen, können sie sich kreativ öffnen und ihren Teil zur kreativen Kollaboration beitragen.

Besteht das „Team“ hingegen nur aus „Gatekeepern“, die allein auf ihren eigenen Aufgabenbereich fokussiert sind, wird die kreative Zusammenarbeit entsprechend eingeschränkt sein. In solchen Fällen sollten zunächst die Grenzen der Aufgabenbereiche aufgeweicht und der ganzheitliche Aspekt in den Vordergrund gerückt werden.

Elf Fußballspieler mit herausragenden Fähigkeiten auf ihren jeweiligen Positionen werden erst dann zu einem erfolgreichen Team, das sein volles Potenzial entfalten kann, wenn die Einzelspieler gemeinsam daran arbeiten, ein Spiel zu gewinnen. Sie erkennen dann, dass sich ihre Arbeitsbereiche überschneiden und es um übergeordnete Ziele geht. Sie unterstützen sich gegenseitig im Kollektiv, anstatt sich nur auf ihre individuellen Aufgaben zu konzentrieren.

Eine wirklich kreative Umsetzung kann einen Content trotz großer Konkurrenz so erstrahlen lassen, dass er von der Zielgruppe wie ein Leuchtturm im großen Meer der Inhalte wahrgenommen wird.

Eine solche Zusammenarbeit ist auch für Content-Projekte wünschenswert und empfehlenswert. Sie sorgt nicht nur für einen effizienten Workflow, sondern kann auch die Qualität der Inhalte entscheidend voranbringen. Denn: Kreativität wird im Content Marketing immer wichtiger, wenn die Zahl der verfügbaren Inhalte durch den zunehmenden Einsatz von KI noch einmal massiv steigt. Eine wirklich kreative Umsetzung kann einen Content trotz großer Konkurrenz so erstrahlen lassen, dass er von der Zielgruppe wie ein Leuchtturm im großen Meer der Inhalte wahrgenommen wird.

Kreativität fängt bei der Team-Zusammenstellung an

Jede einzelne Person bringt ihre eigenen Erfahrungen, Ideen und vor allem Perspektiven ein. Besonders hilfreich sind dabei Blickwinkel, die mehr aus der Kundenperspektive auf die inhaltliche Kommunikation einer Organisation schauen. Das können dann auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, die im Alltag gar nicht im Content-Prozesskreislauf arbeiten. Sie haben aber vielleicht einen direkteren Kontakt zur Zielgruppe, weil sie im Vertrieb, im Service oder im Social-Team arbeiten. Sie haben daher ganz andere Ideen für Inhalte im Kopf, die oft näher an den tatsächlichen Bedürfnissen, Interessen und Anforderungen der Zielpersonen liegen.

Denn: Viele Inhalte im Content Marketing berücksichtigen die Kundenperspektive nicht ausreichend oder sie fehlt sogar komplett.

Ein weiterer Vorteil: Wer sich nicht täglich in der internen Content-Blase bewegt, muss nicht erst die eigenen Denkmuster durchbrechen, um auf kreative Ideen zu kommen. Die eigentlichen Content-Profis sind dagegen mehr oder weniger befangen. Sie schleppen unbewusst den Rucksack aller Inhalte mit sich herum, die sie jemals erstellt haben. Dieser Ballast blockiert unter Umständen naheliegende Ideen, weil sie zum Beispiel denken: „Ach, zu dem Thema hatten wir doch schon so viel!“

Typische Argumente gegen interdisziplinäre Teams

Es gibt also gute Gründe für interdisziplinär zusammengesetzte Teams, sei es temporär oder dauerhaft. In der Praxis finden solche interdisziplinären Teamzusammensetzungen jedoch kaum statt. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber kaum begründbar:

Grund: Dafür haben wir in der Redaktion keine Zeit.

Allerdings … kann das kein Argument sein, wenn es wirklich um die Kreation herausragender Inhalte geht. Unter Zeitdruck entstehen maximal mittelmäßige Inhalte, die kaum Resonanz erfahren werden.

Grund: Der Redaktionsplan ist schon ausreichend gefüllt.

Allerdings … sind nicht viele Themenideen gefragt, sondern möglichst gute für kreative Umsetzungen.

Grund: Wir sind doch schon kreativ!

Allerdings … lässt sich mit kollaborativer Kreativität ein ganz neues Niveau erreichen, weil hier sehr unterschiedliche kreative Einflüsse einfließen.

Grund: Die Kolleg:innen kennen sich mit Content doch gar nicht aus!

Allerdings … bringen sie dafür andere Qualitäten ein, die im Content-Team vielleicht gar nicht vorhanden sind.

Grund: So wichtig sind die Inhalte nun doch nicht!

Allerdings … sind Inhalte aus dem Content Marketing oft der erste Berührungspunkt potenzieller Kunden mit einer Marke. Davon profitieren viele andere Abteilungen, wenn die Inhalte eine entsprechende Qualität haben.

Sicherlich gibt es noch andere Ausreden, um interdisziplinäre Teamzusammensetzungen zu vermeiden. Dabei würde es schon reichen, wenn das Kernteam in regelmäßigen Abständen auf das kreative Potenzial von anderen Kolleg:innen zurückgreifen könnte. Zum Beispiel einmal im Jahr, wenn die inhaltliche Jahresplanung ansteht. Oder wenn es etwas mehr sein darf, in jeder zweiten Redaktionssitzung. Aber Vorsicht: Das kann so gut funktionieren, dass jedes zweite Treffen nicht mehr ausreicht.

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Weitere Vorteile interdisziplinärer Content-Teams

Neben den unterschiedlichen Perspektiven und dem zusätzlichen kreativen Potenzial können vielfältig zusammengesetzte Content-Teams von weiteren Vorteilen profitieren:

Erweiterter Wissenspool: Interdisziplinäre Teams verfügen über ein breiteres Spektrum an Fachwissen. Bringen sie dieses in die Content-Erstellung ein, kann dies die Qualität und Tiefe der erstellten Inhalte erhöhen. Gerade im B2B-Bereich ist diese Expertise unerlässlich, wenn es beispielsweise um sehr komplexe Themen geht.

Erhöhte Problemlösungskompetenz: Häufig geht es im Content Marketing darum, Lösungen für Probleme der Zielgruppe anzubieten. Um diese relevanten Probleme zunächst zu erkennen und dann inhaltlich zu lösen, können verschiedene Denkweisen und Herangehensweisen hilfreich sein.

Gesteigerte Kreativität: Der Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen kann unerwartete Verbindungen und neue kreative Ansätze hervorbringen.

Verbesserte Zielgruppenansprache: Diverse Teams können unterschiedliche Zielgruppen besser verstehen und ansprechen.

Kombiniertes Wissen: Die Kombination verschiedener Fachkenntnisse kann zu bahnbrechenden Content-Ideen führen, auf die einzelne Personen alleine nie gekommen wären.

Content Distribution: Wer an der Erstellung von Inhalten beteiligt ist, hat einen direkten Bezug zum Ergebnis. Die so entstandenen Inhalte werden gerne in den eigenen Netzwerken geteilt, was sich positiv auf die allgemeine Sichtbarkeit der Inhalte auswirkt. Siehe hierzu auch unseren Artikel zur internen Content Distribution.

Praxisbeispiel: Pixar’s Brain Trust

Pixars „Brain Trust“ ist ein Paradebeispiel für erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Kreativbranche. Das Kreativteam besteht hier aus erfahrenen Regisseuren, Drehbuchautoren, Animatoren und anderen kreativen Köpfen des Studios. Sie treffen sich regelmäßig, um an aktuellen Projekten zu arbeiten und sich ehrliches Feedback zu geben.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination unterschiedlicher Perspektiven: Während sich die Storyteller auf die fesselnde Struktur der Erzählung konzentrieren, bringen die Animationsexperten ihr technisches Know-how ein, und die Regisseure behalten das große Ganze im Blick. Diese Synergien führen zu Filmen, die sowohl erzählerisch als auch visuell beeindrucken.

Ein bekanntes Beispiel ist der Film „Inside Out“ (Offizieller Trailer), bei dem Psychologen zu Rate gezogen wurden, um die Darstellung von Emotionen wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig unterhaltsam zu gestalten. Ohne dieses zusätzliche Wissen wäre das Ergebnis sicher anders ausgefallen.

Fazit: Kreative Kollaboration steckt noch in den Kinderschuhen

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Erstellung von Inhalten hat also viele Vorteile. Sie hat aber auch einen gravierenden Nachteil: Sie erfordert zeitliche Ressourcen und muss daher strategisch gewollt sein. Fehlt der Organisation hier der ganzheitliche Blick, bleiben kleinteilige Verantwortlichkeiten und Ziele wichtiger.

Das macht die kreative Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg zu einem prächtigen Einhorn: Schön in der Theorie, aber selten bis nie gesehen in der Praxis.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 116

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