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Social Media im Weißen Haus: Umfassende Strategie statt Alibi-Accounts

Geht es um den professionellen Einsatz von Social Media, so steht die Politik in Deutschland noch recht weit hinten an. Das ist eigentlich sehr verwunderlich, denn wir stehen kurz vor der Bundestagswahl und wie könnte man die digitale Gesellschaft besser erreichen als über das Social Web? Zumal das Weiße Haus in den USA bereits seit 2008 ein Paradebeispiel für die Mobilisierung der Massen über das Internet darstellt. Wo die US-Regierung überall aktiv ist und welche Ziele damit verfolgt werden, wollen wir in diesem Artikel aufzeigen.

The White House
Das Weiße Haus ist nicht nur ein starkes Symbol für den Sitz des US-Präsidenten, sondern ebenso eine Social-Media-Marke. Bild: Serge Melki / flickr.com, Lizenz CC-BY-SA

Barack Obama bringt Social Media ins Weiße Haus

Als Barack Obama am 6. November 2012 die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten zum zweiten Mal gewonnen hatte, symbolisierte es sein Social-Media-Team mit einem Bild. Ausgewählt wurde keine Jubelpose, kein Bad in der Menge, kein typisches Siegesbild. Stattdessen ist ein lächelnder Barack Obama zusehen, der mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und geschlossenen Augen seine Frau Michelle in die Arme nimmt. Kein dargestellter Triumph und dennoch ein Zeichen von Macht. Das Bild wurde zugleich zu einem Symbol für eine Stärke, die ihm in einem engen Wahlkampf gegen seinen Konkurrenten Mitt Romney vielleicht die entscheidenden Stimmen gebracht hatte: Social Media.

Das besagte Bild wurde zu einem viralen Hit und bekam bei Facebook insgesamt über 4,4 Millionen Likes, über 577.000 Shares und über 214.000 Kommentare. Der Text zum Bild lautete ganz simpel: „Four more years.“. Bei Twitter wurde das Bild mit dem gleichen Text ebenfalls veröffentlicht und dort bekam es knapp 800.000 Retweets und wurde von knapp 300.000 Nutzern favorisiert. Damit brach das Bild sowohl bei Facebook als auch bei Twitter die bisherigen Rekorde für Likes und Retweets für ein Bild.

Barack und Michelle Obama
Dieses Bild ging nach dem Wahlsieg 2012 um die Welt und wurde im Social Web zum viralen Hit.

Ein zufälliger Hit? Keinesfalls! Vermutlich war das Bild bereits lange für die Veröffentlichung im Falle eines erneuten Sieges vorgesehen, denn es entstand einige Wochen zuvor. Aber noch deutlicher wird der geplante Hit, wenn man sich die gesamten Social-Media-Aktivitäten von Barack Obama und dem Weißen Haus ansieht. Seit seinem ersten Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2008 wurden umfangreich und strategisch Kanäle aufgebaut, die vor allem das Ziel hatten, die Wiederwahl zu unterstützen.

Schaut man sich die Zahlen der Wahl von 2012 an, so könnte man zunächst denken, dass dieses Vorhaben gescheitert ist. Zwar hat es Obama in die zweite Amtszeit geschafft, doch das Wahlergebnis war schlechter als 2008. Seit den Zwischenwahlen im November 2010 deutete alles auf einen Machtwechsel hin, denn die Republikaner konnten als Opposition von den schwachen Wirtschaftszahlen und der hohen Arbeitslosigkeit profitieren und sich die Mehrheit im US-Repräsentantenhaus sichern. Noch bis kurz vor der Wahl sahen Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit wechselnden Gewinnern voraus. Schon da war klar, es würden letztlich Kleinigkeiten entscheiden: Wer kann im Endspurt am meisten überzeugen, wer punktet bei den TV-Duellen und wer kann seine Anhänger am besten mobilisieren? Es wäre sicher vermessen zu sagen: Ohne Social Media hätte Barack Obama die Wahl nicht gewonnen. Aber genauso falsch wäre es zu behaupten, dass Social Media keinerlei Einfluss auf die Präsidentschaftswahl gehabt hätte.

Dass Obama über Social Media einige Wähler mobilisieren konnte, kann man an einer Statistik besonders gut erahnen: Während Mitt Romney eine klare Mehrheit bei den Senioren über 65 Jahren erzielen konnte, lag Obama bei der Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren klar vorne – der Altersgruppe also, die als Digital Natives besonders aktiv im Social Web ist. Mehr als ein Fingerzeig ist dies zwar nicht, aber auch nicht weniger.

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WhiteHouse.gov wird zur offenen Plattform mit Blog

Schon lange vor den Präsidentschaftswahlen 2012 wurde die Kommunikation vom Weißen Haus auf Social Media umgebaut. Direkt nach seiner ersten Wahl zum US-Präsidenten im Jahr 2008, bei der Obama bereits früh auf Social Media zur Wahlkampfunterstützung baute, wurde die erprobte Strategie auf den Amtssitz des Präsidenten übertragen. Das Weiße Haus wurde zu einer medialen Marke aufgebaut, die nicht nur in den traditionellen Medien vertreten sein will, sondern vor allem ein starker Sender im Social Web werden soll. Kreativer Kopf der Kommunikationsstrategie war von Anfang an Macon Phillips. Der heutige „Director of Digital Strategy“ sorgte als Mitarbeiter der Firma „Blue Sage Digital“ schon 2008 für einen neugedachten Wahlkampf, der letztlich in einer komplett neuen Webpräsenz mündete. Noch während Barack Obama seinen Amtseid als 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika abgab, startete Phillips die neue Webseite und veröffentlichte sofort einen ersten Blogpost: „Change has come to WhiteHouse.gov“. Die Wandlung von einer statischen Website hin zu einem Blog begründete Phillips wie folgt:

Just like your new government, WhiteHouse.gov and the rest of the Administration’s online programs will put citizens first.

Dabei seien drei Prioritäten gesetzt worden: Kommunikation, Transparenz und Partizipation. Die amerikanischen Bürger sollten sich umfassend über die Arbeit der Regierung informieren können. Die Regierungsarbeit sollte dabei die offenste und transparenteste in der Geschichte sein und die Bürger mitbestimmen lassen, indem sie beispielsweise Gesetzesvorlagen ansehen und kommentieren können, bevor sie vom Präsidenten unterzeichnet werden.

Das war aber nur der Anfang. Die Social-Media-Initiative startete mit der offiziellen Website, die unter anderem ein Blog bekam und multimediale Inhalte wie Videos, Live-Streams, Bilder und Podcasts beinhaltet – ab Oktober 2009 übrigens einem Wahlversprechen folgend auf der Basis von Open Source (Drupal). Neben der Modernisierung von WhiteHouse.gov wurden außerdem Social Media Kanäle aufgebaut. Die gesamte Strategie ist dabei nicht in wochen- oder monatelanger Detailarbeit entstanden, sondern auf der Basis von bestimmten Zielen gewachsen. „Go out early and often“ rät Phillips auch Unternehmen. Sie sollten einfach starten, gut zuhören, sich Feedback holen, darauf reagieren und sich kontinuierlich verbessern.

Die Social-Media-Kanäle vom Weißen Haus in der Übersicht

Wer sich nicht die Mühe machen will sämtliche Kanäle zu abonnieren, die vom Weißen Haus bespielt werden, findet die jeweils letzten Einträge gesammelt im Social Hub. Hier kann man sehr schön erkennen, dass die einzelnen Plattformen durchaus unterschiedliche Inhalte bekommen. Von einer Crossposting-Strategie ist hier nicht viel zu sehen. Das Social-Media-Team der US-Regierung nimmt sich also erfreulicherweise sehr viel Zeit für die einzelnen Kanäle und geht auf deren speziellen Funktionen und die unterschiedlichen Nutzer ein. Das Zuhören sei dabei genauso wichtig wie das Senden.

Man wolle die unterschiedlichen Kanäle nicht unbedingt für verschiedene Zielgruppen verwenden, sondern vor allem die unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten auf den Plattformen bedienen, erklärte Phillips 2012 in einem Interview. Twitter sei sehr gut für Diskussionen geeignet, während bei Facebook umfangreichere und tiefergehende Inhalte möglich wären. Für Erklärungen von komplexen Sachinhalten sei dann YouTube der Kanal der Wahl

Twitter: @whitehouse ist einer der aktivsten Social-Media-Kanäle. Die über 4 Millionen Follower bekommen täglich etwa zehn Tweets zum Lesen, die oft mit Bildern, Hashtags und Links angereichert sind. Besonders wichtige Inhalte werden auch beworben. Neben Aussagen, Ankündigungen und Zitaten von Barack Obama werden darüber hinaus neue Blogbeiträge, YouTube-Videos und Links zu Live Streams verwittert.

Facebook: Die offizielle Fanpage hat aktuell rund 1,85 Millionen Fans und bekommt täglich bis zu drei Updates spendiert. Dabei wird viel Wert auf die Optik gelegt. Statt von Facebook gezogener Snippets für Blogposts wird sehr oft ein Bild des Präsidenten gezeigt. Immer wieder gibt es darunter Bilder, die einen fast schon privaten Eindruck vermitteln und gerade deshalb der Charakteristik von Facebook entsprechen. Abgerundet wird die Content-Strategie für Facebook mit eingestreutem Entertainment, bei denen Bo, der Hund der Obamas, gerne eine Rolle übernimmt.

Bo
Bo, der Hund der Obamas, spielt seine Rolle als tierischer Botschafter für das Weiße Haus perfekt.

Die Social-Media-Aktivitäten des Weißen Hauses werden ebenfalls im Ausland verfolgt und für Interaktionen genutzt – aktuell sorgen sich Ägypter um eine mögliche Intervention der USA in ihrem Land.

Über den Tab „Engage“ bekommen die Fans Links zu anderen Plattformen und können sich für einen E-Mail-Newsletter eintragen. Dazu gibt es mit „White House Live“ noch einen Tab, über den Live-Streams gesendet werden. Auch die Geschichte der US-Politik kommt nicht zu kurz: In der Chronik der Fanpage sind viele wichtige Ereignisse und die Vereidigungen der US-Präsidenten festgehalten. So ist ein Bild der Vereidigung von Lyndon B. Johnson zu sehen, der am 22. November 1963 zwei Stunden nach der Ermordung von John F. Kennedy in Dallas noch an Bord der Air Force One zum 36. US-Präsidenten ernannt wurde. Vom Attentat auf Kennedy fehlt dagegen jede Spur, wie ebenfalls zu anderen „schwierigen“ Ereignissen des Landes.

YouTube: Bewegtbilder spielen ebenso eine wichtige Rolle in der Social-Media-Strategie. Neben offiziellen Videos aus der Presseabteilung gibt es eine sehr interessante wöchentliche Rubrik. Unter dem Titel „West Wing Week“, angelegt an den Westflügel des Weißen Hauses, in dem Präsident Obama seine offiziellen Büros unterhält, werden jede Woche Bürger-Fragen aus den verschiedenen Kanälen beantwortet. Diese Social-Media-Sprechstunde bekommt regelmäßig bis zu 15.000 Aufrufe. Noch beliebter sind die „Weekly Addresses“, in denen sich Barack Obama direkt an die US-Bürger richtet und ihnen von seiner Arbeit berichtet. Je nach Thema bekommen die Folgen schon einmal 70.000 Views. Weitere regelmäßige Formate inklusive Aufzeichnungen von Google+ Hangouts runden das umfangreiche Angebot ab.

Google+: Rund 1,7 Millionen Nutzer haben den offiziellen Auftritt des Weißen Hauses bei Google+ eingekreist. Zwar ähneln die Inhalte denen, die schon bei Facebook zum Einsatz kommen, doch werden sie dann an die Möglichkeiten der Plattform angepasst. Ein Statement zur brisanten Lage in Ägypten wird beispielsweise bei Facebook mit einem Bild angsteasert und dann verlinkt, während bei Google+ ein Audiofile von Soundcloud eingebettet ist. Zur Auflockerung und Unterhaltung kommen bei Google+ zudem animierte GIFs zum Einsatz. Mit „We the Geeks“ gibt es regelmäßige Experten-Hangouts zu wechselnden Themen aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Barack Obama
Bei Google+ wird das große Headerbild für den Ausdruck der Verbundenheit mit dem Volk genutzt.

Auch kleine, spezielle Plattformen werden bespielt

Besonders interessant ist die Breite der Social-Media-Aktivitäten des Weißen Hauses. Während sich viele Unternehmen und Institutionen auf die bereits besprochenen großen Plattformen konzentrieren, ist das Weiße Haus sehr breit aufgestellt. Nun ist die Finanzierung der Kanalbespielung in diesem Fall kein großes Thema, dennoch ist eine so umfassende Social Media Strategie keine Selbstverständlichkeit. Immerhin geht es um die digitale Kommunikation der mächtigsten Regierung der Welt, so dass man eigentlich denken könnte, dass dort viel Wert auf Übersichtlichkeit und einfache Handhabung gelegt wird. Das Weiße Haus scheut sich aber trotzdem nicht, auch kleine Plattformen zu bedienen, wenn sie zur Strategie passen. Neben zeitlichen Ressourcen ist dafür jeweils spezielles Plattform-Know-How notwendig. Einen Gedanken an den ROI werden Macon Phillips und seine Mitarbeiter aber sicherlich nicht verschwenden müssen.

Flickr: Seit Februar 2009 betreibt das Weiße Haus einen Flickr-Account. In den letzten viereinhalb Jahren sind fast 5.000 Bilder zusammengekommen. Sie zeigen in der Regel Barack Obama in verschiedenen Situationen im Arbeitsalltag, bei Staatsbesuchen, auf Auslandsreisen und beim Kontakt mit den Bürgern seines Landes. Zu jedem Bild gibt es eine kurze Beschreibung der Personen und zur Situation der Aufnahme. Die Bilder erhalten regelmäßig über 50.000 Views. Die Kommentare sind standardmäßig deaktiviert, allerdings tauchen die Bilder meist eh auf einer der anderen Plattformen auf und können dort kommentiert werden.

Barack Obama
Bilder entfalten ihre ganz eigene Wirkung, weiß auch das Weiße Haus und setzt auf Flickr.

Scribd: Auf dem Dokumentenportal stellt das Weiße Haus unter anderem Infografiken, Memos, Statusberichte, Regierungspläne und Informationsbroschüren zur Verfügung. Mit 132 Followern gehört Scribd zu den eher zurückstehenden Plattformen. Mit 48 hochgeladenen Dokumenten ist der Aufwand allerdings recht gering. Auf der anderen Seite stehen dem gute 213.000 Reads gegenüber.

Slideshare: Präsentation, vor allem aber Dokumente veröffentlicht das Weiße Haus ebenfalls bei Slideshare. Für Online-Medien ist das besonders schön, da die Plattform das Einbetten der Dokumente in Websites und Blogs erlaubt. Die Art der Inhalte decken sich im Wesentlichen mit denen von Scribd. Die Statistik: 17.761 Follower, 1.302 Dokumente.

Pinterest: Auf der digitalen Pinnwand Pinterest ist das Weiße Haus ebenfalls vertreten, auch wenn das nicht im Social Hub von WhiteHouse.gov verlinkt ist. Neben bereits bekannten Bildern und Videos gibt es hier viele (wenn auch oberflächliche) Einblicke ins Privatleben der Obamas zu entdecken. So gibt es Pinnwände wie „Behind the Scenes“, „Events & Holidys“ oder „The First Lady“. Interessant ist die Idee einer Besucher-Pinnwand, die über den Hashtag #AtTheWH gefüllt wird.

Instagram: Noch sehr frisch ist der Instagram-Account. Am 26. Juni wurde das erste Bild von einer Afrikareise der Präsidentenfamilie gepostet. Ansonsten werden gerne kurze Videosequenzen von Reisen gezeigt. Mit bislang überschaubaren 58 Posts hat das Weiße Haus bereits 139.000 Follower eingesammelt. Da muss man kein großer Prophet sein, um weitere Follower zu prognostizieren.

Auch kleinere Plattformen wie Instagram haben ihren Platz in der Social Media Strategie des Weißen Hauses.
Auch kleinere Plattformen wie Instagram haben ihren Platz in der Social Media Strategie des Weißen Hauses.

LinkedIn: Auf der Social-Business-Plattform ist das Weiße Haus mit einer Diskussionsgruppe dabei. Über 90.000 LinkedIn-Nutzer sind Mitglieder der Gruppe und beteiligen sich an Diskussion zu aktuellen Themen.

Foursquare: Wer wissen möchte, welche Orte sich der US-Präsident auf seinen Reisen innerhalb der USA oder auf Auslandsreisen ansieht, kann dem Weißen Haus beim Location Based Service Foursquare folgen. Das Social-Media-Team veröffentlicht dazu regelmäßig neue Updates (Tipps). Für die Kampagne zur Wiederwahl 2012 wurde noch ein zusätzlicher Account erstellt, über den seine Wahlkampftour nachvollzogen werden konnte.

Tumblr: Die vom Weißen Haus bei Tumblr veröffentlichten Inhalte sind weniger ernst und setzen auf Viralität. Es gibt einen neuen Hund im Weißen Haus? Bei Tumblr gibt es ein animiertes GIF dazu. So wird Sunny, der neue Spielkamerad von Bo, mit weit über 3.000 Notes an nur einem Tag zur Tumblr-Berühmtheit.

GitHub: Wie schon erwähnt basiert der Webauftritt unter WhiteHouse.gov auf dem Open Source CMS Drupal. Das selbsterstellte Theme und weitere Anpassungen gibt es auf der GitHub-Plattform zum Download.

Neben den zahlreichen Social-Media-Präsenzen gibt es noch eine ganz andere, visuelle Präsenz des Weißen Hauses. „The White House“ ist im Google Art Project vertreten und kann dort per virtuellem Rundgang besucht werden.

Fazit und Ausblick

Von einer so umfassenden digitalen Kommunikation ist die deutsche Bundesregierung noch sehr weit entfernt. Zwar gibt es immer wieder mal einige Politiker, die zum Beispiel bei Twitter recht aktiv sind, doch offizielle Regierungsaccounts sucht man vergeblich. Und auch wenn wir gerade kurz vor einer Bundestagswahl stehen, scheinen sich die einzelnen Parteien nicht so recht um die digitale Gesellschaft kümmern zu wollen – oder zu können. Wie fremd der deutschen Politik das digitale Leben noch ist, wurde durch Prism/Tempora nur allzu deutlich. Forderungen führender Politiker, man solle sich eben selbst besser schützen, wären vermutlich eher ausgeblieben, wenn sie selbst Teil der digitalen Gesellschaft wären. So erkennen sie nicht die Vorteile, die eine umfassende Social Media Strategie für die Politik bereithält. Immer mehr Menschen stillen ihren Wissensdurst heute über das Internet und gerade der am meisten von der Politverdrossenheit infizierte Bevölkerungsteil ist dabei weit vorne. Dennoch ist 2013 noch nicht sehr viel von einer zielgerichteten Kommunikation zu spüren, die junge Menschen mitnimmt und ihnen zeigt, warum sie wählen sollten.

Verschweigen darf man an dieser Stelle aber ebenso nicht, dass die Social Media Strategie des Weißen Hauses einen kleinen Makel hat: Was passiert nach einem Regierungswechsel? Die Accounts sind zwar alle dem Weißen Haus zugeordnet, doch die Bespielung ist schon sehr stark auf die Person Barack Obama fokussiert. Ginge das auch noch nach seiner Zeit? Und mit einem Republikaner? Ein Wechsel in der Präsidentschaft der USA wäre sicher ein sehr interessantes Schauspiel, sowohl von der strategischen als auch von der Nutzerseite gesehen. Wie würde sich wohl die Chronik bei Facebook verändern? Welche Einträge würden gelöscht, welche würden neu hinzugefügt werden? Würden überhaupt alle Kanäle Bestand haben? Was ist mit dem Wahlkampfgetöse nach einer verlorenen Wahl? Der neue Amtsinhaber könnte das alles löschen. Und wie reibungslos würde die Übergabe ablaufen?

Heute kann man diese Fragen nicht sicher beantworten, aber irgendwann wird dieser Tag kommen und die Antworten liefern.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 2

Passend zur Bundestagswahl drehen sich zwei der fünf Artikel um Politik, genauer um Politiker im Social Web. Dazu: Portfolio-Seite mit Statamic erstellen, Anbieter für Minimalvideos auf einen Blick und das Interspecies Internet.

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3 Gedanken zu „Social Media im Weißen Haus: Umfassende Strategie statt Alibi-Accounts

  1. Danke für diesen detaillierten Überblick, von dessen notwendiger Länge sich hoffentlich nur Wenige abschrecken lassen.
    Sicherlich hängt die deutsche Politik – schön und sehr zutreffend in diesem Zusammenhang der Begriff „Alibi-Accounts“ – in Sachen Social Media deutlich zurück, verwechselt Facebook & Co. mit Plakatwänden, digiplakatiert vorrangig und kommuniziert wenig.
    Zwei Punkte sollte man bei der Gesamtbeurteilung aber nicht übersehen:
    1. Notwendige Bestandteile von Obamas Social Media Erfolgen waren und sind immer die umfangreichen Telefon- und Besuchskampagnen. Das Eine wäre ohne das Andere nicht denkbar, die Bindungswirkung von Phone und Face2Face im Hinblick auf die Social Media Aktivitäten ist nicht zu unterschätzen.
    2. Die Social Media Strategie beruht maßgeblich auf Auswertungen des Social Media Traffic, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch persönlich, also auf der Kategorisierung und Bewertung von Social Accounts, der Speicherung von personenbezogenen Informationen, Streams und Konversationen einschließlich kanal-übergreifender Informationen, Stichwort „Social CRM“. Insoweit läuten die Glocken in den USA in puncto Datenschutz bekanntermaßen anders, als in Europa/Deutschland.
    Verantwortliche in der Politik missbrauchen Punkt 2 allerdings gerne als Argument dafür, in den Sozialen Medien gar nichts oder eben nur alibi-mäßig etwas zu machen.
    Auf der anderen Seite übertreiben es die Amerikaner auch mal gerne mit der sog. Web-Transparenz, wie das Beispiel der Kinderseite der NSA („CryptoKids“) zeigt (findet sich unter wewewensapunktgov unten links). Man stelle sich vor, der BND würde auf diese Weise versuchen, die Kleinsten anzusprechen. Also ist die unterschiedliche Mentalität wohl auch ein Thema.

  2. > Geht es um den professionellen Einsatz von Social Media, so steht die Politik in Deutschland noch recht weit hinten an. <

    und das bleibt hoffentlich so! Die "Neue Weltordnung",ihr Nachtiknechtund sonstigeUnterschichten Lenker sollen das "Social Media" ganz für sich alleine haben

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