Das Internet hat in seiner Geschichte bereits mehrere spannende Transformationen durchgemacht und die nächste steht direkt vor der Tür: Die physische Welt um uns herum und das World Wide Web werden sich miteinander verknüpfen. Welche Vision dahintersteht und worauf wir uns vorbereiten sollten, fasst dieser Beitrag zusammen.
Dieser Artikel ist ursprünglich im November 2014 erschienen und wurde zuletzt im Dezember 2017 aktualisiert.
Inhaltsverzeichnis
Unser Weg bisher
Mit großer Selbstverständlichkeit leben wir heute in der Zukunft. Das wurde mir vor einigen Tagen klar, als ich mit einem Kaffee in der Hand in meiner Küche saß und darauf wartete, dass die Netflix-App auf meinem iPad eine Serienfolge lud. Ich pausierte das Video und hielt einen Moment inne. Ich trat innerlich einen Schritt zurück und betrachtete diese Szene mit den Augen meines 20 Jahre jüngeren Selbst. Mein früheres Ich wäre fassungslos – und begeistert.
Das iPad hat ungefähr das Format eines Notizblocks und ist nach außen hin kaum mehr als ein transportables Display. Es reagiert auf meine Fingergesten und verfügt über eine scheinbar unbegrenzte Menge an Inhalten, die es anzeigen und abspielen kann. Wie selbstverständlich kann ich auf das Wissen der Welt zugreifen, mit Menschen kommunizieren und habe tausendfach mehr Unterhaltungsprogramm zur Auswahl als ich jemals wahrnehmen könnte – Filme, Serien, Bücher, Spiele…
Einfach so.
Gut, zugegeben: Natürlich funktioniert das nicht „einfach so“. Dazu mussten einige Dinge passieren:
- Das Internet verknüpfte zunächst Computer quer über den Globus miteinander.
- Das World Wide Web von Tim Berners-Lee erweiterte dies Anfang der 90er auf Dokumente, die später auch aufwändig gestaltet werden konnten.
- Tim O’Reilly machte Anfang der 2000er den Begriff des „Web 2.0“ populär: Er sieht das Internet auf dem Weg vom Werkzeug zur Plattform – Websites werden zu Applikationen.
- Das Social Web verknüpfte Menschen miteinander.
- Das Mobile Web macht den Internetzugang nun praktisch allgegenwärtig und selbstverständlich.
Soweit die Geschichte des Internet im Schnelldurchlauf. Die Entwicklung der dazu passenden Hardware in Form von Laptops, Tablets und Smartphones ist ähnlich faszinierend, wenn auch besser vorhersehbar. Kaum fassbar finde ich hingegen, welche technischen Leistungen im Hintergrund passieren, wenn ich beispielsweise mein Smartphone in die Hand nehme und Facebook aufrufe. Man macht sich das nicht mehr bewusst. Schon der Begriff „Internetzugang“ wirkt inzwischen enorm antiquiert – so selbstverständlich ist der Zugriff darauf geworden.
Eine faszinierende Reise war das bislang. Aber was ist die nächste Station?
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Die Zukunftsvision
Die kommende Evolutionsstufe ist das physische Web. Das Internet manifestiert sich dann in unserer „realen Welt“, Gegenstände und Orte werden zu einem Teil des Internet. Dazu werden bereits vorhandene Informationen nahtlos verknüpft, zugleich werden neue Anwendungsfälle möglich. Wir können mit Gegenständen und Geräten auf neue Weisen interagieren und sie reagieren auf uns und auf andere Geräte. Es wird deshalb heute oftmals „Internet der Dinge“ genannt, aber dieser Begriff erfasst aus meiner Sicht nicht vollständig, worum es hier geht. Es sind nicht nur Lampen mit WLAN, über die wir hier sprechen. Solche Produkte gibt es heute schon und wir haben hier einen Guide zum Thema Smart Home. Das physische Web geht weit darüber hinaus.
Einige konkrete Beispiele dazu, wie Interaktionen aussehen könnten:
Carsharing: Schon heute macht es das Netz einfach wie noch nie, auf das eigene Auto zu verzichten. Dazu habe ich ebenfalls bereits einen eigenen Artikel geschrieben. So kann man bei manchen Anbietern das gewünschte Fahrzeug mit dem eigenen Smartphone aufschließen. In Zukunft wird das noch viel einfacher: Dann wird das eigene Smartphone bereits ohne unser Zutun wissen, dass wir vor dem Auto stehen und wir müssen nur noch bestätigen, dass wir es nutzen wollen. Das Auto sendet in dem Fall eine ID, die ein Smartphone empfangen und auswerten kann. Es erkennt das Fahrzeug und den Anbieter, stellt die Verknüpfung selbst her und bietet die passende Aktion an.
Öffentlicher Nahverkehr: Viele Verkehrsverbünde und -betriebe haben eine App, mit der sich Fahrpläne und Abfahrtzeiten abrufen lassen. Dazu gibt man beispielsweise die ID einer Haltestelle in eine App ein und bekommt dann angezeigt, wann die nächsten Busse abfahren werden. Ähnlich wie beim Carsharing könnten Haltestellen aber künftig ihre ID aktiv senden, so dass sich die gewünschte Information bereits auf dem Telefon findet, wenn man es aus der Hosentasche zieht – ohne eine App oder eine Website zu öffnen, dort etwas einzugeben und dann das Ergebnis abzuwarten.
Google versucht im Rahmen seines digitalen Assistenten „Google Now“ auf Android-Geräten schon heute so etwas auf die Beine zu stellen. Die Technik ist aber noch nicht so weit und die Ergebnisse sind daher sehr schwankend. In Zukunft muss das Smartphone nicht mehr anhand unzuverlässiger GPS-Daten raten, in der Nähe welcher Haltestelle sich der Nutzer gerade findet. Die Haltestelle selbst teilt es dem Gerät mit.
Ladengeschäft: Sobald wir einen Supermarkt oder ein anderes Geschäft betreten, bekommen wir die aktuellen Angebote der Woche angezeigt. Wir sehen auch, wo wir sie finden. Und unser Smartphone navigiert uns anhand der Produkte in unserer Einkaufsliste durch den Markt.
Wollen wir zu einem Produkt mehr wissen, sind alle dazu abrufbaren Informationen direkt auf unserem Handy vorhanden – ohne etwas einzugeben oder einzuscannen. Wir können sofort sehen, wie sich der Hersteller des fraglichen Produkts gegenüber seinen Zulieferern, Mitarbeitern und der Umwelt verhält, wie gut das Produkt von anderen eingeschätzt wird und ob ein Fertigprodukt gesundheitlich bedenklich ist oder nicht.
Zuhause: Die Wohnung oder das Haus wissen in Zukunft, ob jemand anwesend ist, wer das ist und in welchen Räumen sich diese Personen befinden. Zudem beziehen sie Tageszeit und Wetter mit ein. Entsprechend werden Dinge wie Lüftung, Beleuchtung und Heizung automatisch geregelt. Sehr hilfreich kann das nicht zuletzt für Menschen mit Behinderungen oder Senioren sein, denen auf diese Weise alltägliche Aufgaben abgenommen werden. Nützlich macht es sich auch immer dann, wenn Menschen nicht direkt verantwortlich sind für die Räume, in denen sie sich befinden – beispielsweise in Büros, Schulen, Universitäten, Veranstaltungszentren, Hotels etc.
Solcher Datenaustausch funktioniert dabei nicht von der Maschine zum Menschen, sondern ebenso umgekehrt. Dann erkennen beispielsweise Fitnessgeräte, wer wir sind und stellen sich automatisch auf das bevorzugte Programm oder geben Feedback zum Trainingserfolg. Der Getränkeautomat begrüßt uns und schlägt unseren Favoriten von alleine vor. Oder medizinische Geräte wissen sofort über unseren Körper und unsere Krankheitsgeschichte Bescheid.
Weitreichende Konsequenzen
Dies sind nur einige recht einfache Beispiele aus dem Alltag. Darüber hinaus lassen sich viele weitere Anwendungen beispielsweise in Fabriken und anderen professionellen Zusammenhängen denken. Das gehört dann zum Themenbereich „Industrie 4.0“. So können durch das physische Web zum Beispiel das Geschäft vor Ort und der E-Commerce miteinander verschmelzen. Händler haben heute oftmals zugleich Websites und ein Onlineriese wie Amazon hat erste Ladengeschäfte. Es ist sinnvoll, beides zu haben: Das Web für die schier unendliche Auswahl sowie die ausführlichen Produktinformationen, das physische Ladengeschäft, um Produkte anfassen, ausprobieren und direkt miteinander vergleichen zu können. Sicherlich wird es weiterhin Anbieter geben, die nur auf das eine oder andere setzen. Das physische Web aber macht eine nahtlose Verknüpfung beider Welten möglich.
Das „Smart Home“ und „Smart Office“ hatte ich bereits oben angedeutet. Hinzu gesellt sich das „Smart Car“: Obwohl das Auto die wohl komplizierteste und teuerste Maschine ist, die wir uns in unserem Leben privat anschaffen, ist es bislang erstaunlich offline. Es gibt etliche Projekte, die das ändern wollen – teils von den Herstellern selbst, teils von Startups und anderen Drittanbietern. Sie nutzen dabei, dass Autos heute bereits fahrende Computer sind und etliche Eckdaten erfassen. Kombiniert man diese beispielsweise mit den Informationen aus einem Navigationssystem oder den GPS-Daten des Smartphones, ergeben sich daraus viele nützliche Informationen. Als Besitzer erfährt man dann, wie der Zustand des Fahrzeugs ist, wie unser Fahrverhalten ist und wie sich das beispielsweise auf den Benzinverbrauch auswirkt. Entsprechend können wir reagieren – oder Tipps und Hinweise direkt von unserem Auto bekommen. Mehr zur Zukunft unserer Fahrzeuge in diesem UPLOAD-Artikel von Falk Hedemann.
Unter dem Stichwort „Smart Cities“ wird darüber hinaus diskutiert, wie nicht nur Gegenstände und Orte, sondern ganze Ballungsräume zu einem Teil des Netzes werden und von den gesammelten Daten profitieren. Das physische Web ist schließlich nicht zuletzt ein Web der Sensoren. Es ließe sich laufend (anonymisiert) erfassen, wie viele Menschen sich wo aufhalten, wann sie unterwegs sind und wohin, mit welchen Fahrzeugen auf welchen Wegen. Eine Stadt könnte anhand dieser Daten laufend erkennen, wie gut sie funktioniert und wo es Verbesserungsbedarf gäbe. Kombiniert mit flexiblen Verkehrszeichen ließe sich dann beispielsweise der tägliche Feierabendverkehr intelligent(er) managen. Städte würden besser organisiert, effizienter und damit hoffentlich sowohl lebenswerter als auch umweltfreundlicher.
Letztlich ist das physische Web zugleich ein weiteres Kapitel auf dem Weg hin zum „Ubiquitous Computing“: Informationen, Daten, Rechenkapazität, Anwendungen sind schlichtweg vorhanden, die dazu notwendige Hardware wird nahezu unsichtbar. Außerdem agieren im Hintergrund Prozesse, die auf uns und unsere Handlungen reagieren, ohne dass es uns überhaupt bewusst würde.
In dieses Themenfeld gehört außerdem „Augmented Reality“. Gemeint ist damit, dass unsere Wahrnehmung direkt um Informationen aus dem Netz angereichert wird. Google Glass war ein Beispiel dafür. Vor allem aber Microsofts HoloLens-Projekt geht in diese Richtung. Die Hardware aber ist noch nicht gut genug und auch die Anwendungsfälle für die Allgemeinheit fehlen noch. Das wird sich ändern, wenn die Miniaturisierung weiter voranschreitet, Akkus leistungsfähiger werden und sich das physische Web verbreitet. Erst dann hätte man als Nutzer einen echten Vorteil daraus, Informationen direkt eingeblendet zu bekommen, ohne erst das Handy aus der Hosentasche zu ziehen. So etwas wie Google Glass könnte zum Smartphone des physischen Web werden – aber eben erst in fünf bis zehn Jahren. Apples CEO Tim Cook beispielsweise ist davon fest überzeugt.
Technologien dahinter
Mit Blick auf die Technik ist die beschriebene Zukunft näher als man denkt. Viele notwendige Technologien sind bereits vorhanden und im Einsatz, sie sind nur noch nicht verbreitet und verknüpft genug. Damit ein Gerät wie ein Smartphone erkennen kann, mit welchem Gegenstand es hier gerade zu tun hat, gibt es beispielsweise Funkstandards wie RFID, NFC und Bluetooth Low Energy. Sie alle haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und eignen sich daher für unterschiedliche Anwendungsfälle.
Apple beispielsweise nutzt Bluetooth für seine „iBeacon“-Technik. Was sich dahinter verbirgt und welche Auswirkungen das auf den Einkauf der Zukunft haben könnte, hat Dirk Liebich in diesem UPLOAD-Beitrag bereits ausführlich erläutert.
Außerdem wichtig und heute bereits im Einsatz: Mobilfunk und WLAN zum Datenaustausch mit Servern im Netz sowie GPS zur Ortsbestimmung. Kombiniert man das GPS dann noch mit den Informationen aus den IDs der Gegenstände in der näheren Umgebung, lässt sich beispielsweise die Position eines Kunden in einem Kaufhaus sehr exakt bestimmen.
Und unsere Smartphones sind heute schon nicht nur Hosentaschen-Computer, sondern Sensorplattformen: Beschleunigung, Luftfeuchtigkeit, Höhenmesser, Kompass sind nur einige Beispiele. Unzählige weitere Sensoren im Einzeleinsatz oder in weiteren Geräten werden Messwerte liefern, aus denen sich wie angedeutet wertvolle Erkenntnisse ableiten lassen.
Video: Das Internet der Dinge erklärt
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Offene Fragen und Stolpersteine
Während die technischen Grundlagen bereits vielfach vorhanden sind, stellen sich zahlreiche ganz praktische Fragen. Einer ist beispielsweise, wie sich Nutzer in diesem physischen Web zurechtfinden. Dazu muss man sich einmal eine Welt vorstellen, in der nahzu jeder Gegenstand zugleich ein Objekt mit Informationen und Interaktionsmöglichkeiten für mein Smartphone ist: Eine einfache Auflistung würde bei dutzenden Objekten unübersichtlich und bei hunderten und mehr schlichtweg unbenutzbar.
Zudem ist es heute so, dass die Nutzer fast immer eine passende App installieren sollen. Betrete ich mit meinem iPhone beispielsweise einen Apple Store, kann ich bereits heute mit einem Tap Informationen abrufen – aber nur, wenn ich die Apple-Store-App installiert habe. Es ist aber wenig praktikabel, das für jeden Anwendungsfall so zu handhaben. Wahrscheinlich würden sich dann übergreifende Apps entwickeln, die an verschiedenen Orten funktionieren, aber dann läge es beispielsweise in der Verantwortung eines Ladenbesitzers mit allen relevanten Apps zusammenzuarbeiten. Für alle Beteiligten wäre die Hürde also sehr hoch.
Scott Jenson von Google hat unter dem schlichten Namen „The Physical Web“ einen anderen Ansatz vorgeschlagen. Er setzt auf einen altbekannten Helfer: die Webadresse. Hier erklärt er seinen Gedankengang im Rahmen eines TEDx-Talks:
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Seine Überlegungen sind als Ausgangspunkt für einen offenen Standard gedacht, den idealerweise künftig alle Hersteller von Mobilbetriebssystemen direkt unterstützen. Gegenstände und Orte würden dann also einen URL senden und Android und iOS würden das in einer von ihnen gewählten Form anzeigen, die Informationen verknüpfen oder die möglichen Aktionen anzeigen. Apps wären dann nicht notwendig, alles könnte über das Web und einen Browser laufen.
Auch für das Problem des Überangebots an Informationen hat Scott Jenson eine sehr Google-typische Antwort: Ein Algorithmus soll es richten. Anhand verschiedener Kriterien sollen also alle verfügbaren Informationen und Aktionen gewichtet werden. Dazu ließe sich mit einbeziehen, wie weit der Nutzer gerade von den entsprechenden Gegenständen entfernt ist oder auch mit welchen anderen Gegenständen bisher interagiert wurde. Man vertraue Google heute ja auch, die wichtigsten Websites unter Millionen von Suchtreffern zu finden. Ähnlich werde das auch fürs physische Web funktionieren, meint Jenson.
Bei alldem wird man nach seinem Entwurf als Nutzer nicht überwacht. Man wird also nicht allein dadurch erfasst, dass man durch ein Ladengeschäft geht. Erst wenn man bewusst aktiv wird und beispielsweise eine Information abruft oder eine Aktion auslöst identifiziert man sich – so wie man es heute auch schon beim Aufruf einer Website tut. Nachteil: Das physische Web wäre dann passiv, aktive Benachrichtigungen beispielsweise über passende und interessante Angebote in der Nähe wären nicht möglich. Neben dem Datenschutz geht es Scott Jenson hier auch darum, Spam zu vermeiden.
Daniel Buchner hat das um eine weitere Idee namens „geo origins“ erweitert: Er schlägt vor, dass Nutzer bestimmte Orte für aktive Benachrichtigungen freischalten können. Man würde also beispielsweise seinem Lieblings-Supermarkt erlauben, aktive Benachrichtigungen zu schicken. Die bekommt man aber nur, wenn man sich in der Nähe oder direkt im Ladengeschäft befindet.
Es steht aber noch ein weiteres Problem im Raum, das wir aus der Computertechnik bereits bestens kennen: Inkompatibiltäten. Hersteller arbeiten gegeneinander statt miteinander, um ihre Produkte durchzusetzen. Das erschwert die Vision der vielfach vernetzten und miteinander kommunizierenden Welt selbstverständlich enorm. Manche haben das erkannt und tun sich zusammen. Wie viel dabei herauskommt, sollte man allerdings wie immer erst einmal mit einer gewissen vorsichtigen Skepsis abwarten.
Abschließende Worte
Es wird noch einige Zeit ins Land gehen, bis das physische Web für uns so alltäglich sein wird wie das Mobile Web. Das gibt uns zugleich die Chance, über ein wichtiges Thema zu diskutieren, das direkt damit verbunden ist: Datenschutz. Wie oben schon erwähnt, ist das „Internet der Dinge“ auch ein „Internet der Sensoren“. Jürgen Vielmeier erklärt in seinem Beitrag für diese UPLOAD-Ausgabe beispielsweise, wie die Hersteller versuchen, uns für Smartwatches und Fitnesstracker zu begeistern. Wir erfassen dann laufend, wo wir sind und wie es uns gerade geht. Wir können daraus ablesen, wie es um unsere Gesundheit steht. Das schlaue Zuhause, das Chris Bertko in seinem Artikel aufzeigt, weiß, wann wer anwesend ist und reagiert darauf – um uns das Leben zu erleichtern, Energie zu sparen und einiges mehr. Das smarte Auto weiß jederzeit, wo es ist, wohin und wie schnell es gerade unterwegs ist und kann uns warnen, wenn wir Benzin verschwenden oder eine Inspektion versäumen. Schlaue Städte wissen, wo die Bürger gerade sind, um darauf zu reagieren und sich auf längere Sicht zu optimieren. Und so weiter und so fort.
Das alles ist hilfreich, bedeutet aber zugleich, dass erheblich mehr Daten über uns alle gesammelt werden als je zuvor. Und diese Daten können nicht nur verknüpft werden, sie sollten sogar, um uns weitere Informationen zu liefern und Dienste zu ermöglichen. So wie das Mobile Web eigene Anwendungen wie beispielsweise Check-In-Dienste hervorgebracht hat, wird auch das physische Web neue Anwendungen hervorbringen.
Es stellt sich nur erneut die Frage, inwiefern wir bereit sind, für diesen Fortschritt und Komfortgewinn mehr über uns preiszugeben. Siehe dazu auch diesen UPLOAD-Artikel zum Thema „Big Data vs Privatsphäre“. Dabei geht es gar nicht so sehr darum, ob Unternehmen böswillig agieren und hinter unserem Rücken etwas mit unseren Daten anstellen. Es geht vielmehr um den mehr als bekannten Fakt der Post-Snowden-Ära, dass Daten Begehrlichkeiten wecken – bei staatlichen Institutionen oder auch bei Hackern. Deshalb wird auch der Punkt der Sicherheit all dieser miteinander vernetzten Systeme eine wichtige Rolle spielen.
Zu bedenken ist weiterhin, dass wir uns in neue Abhängigkeiten begeben. Schon heute hat kaum jemand die grundlegende Kontrolle über sein Smartphone. Wir kaufen es, nutzen es und passen es an, aber die Firmen geben standardmäßig nur einen Teil der Macht aus der Hand. Oder man lese sich diesen Blogpost bei der New York Times durch: Da legt die Bank schon mal aus der Ferne das Auto lahm, wenn man die Kreditrate nicht rechtzeitig überweist. Viele smarte Systeme, die uns heute für unser schlaues Zuhause angepriesen werden, sind abgeschlossen und proprietär. Wir haben also keinen Einfluss darauf, was wir damit machen können, sondern sind ganz und gar dem Hersteller ausgeliefert.
Damit man mich nicht falsch versteht: Ich persönlich bin fasziniert von den Möglichkeiten, die ein phsysisches Web für uns bereithält. Ich halte es nur für wichtig, dass wir uns von den Vorteilen nicht blenden lassen.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 16
Wenn wir übers Internet sprechen, geht es nicht mehr nur um Apps und Websites, auch die Hardware spielt eine zunehmend wichtige Rolle. In manchen Fällen werden Gegenstände gar zum Teil des Netzes – Stichwort „Internet der Dinge“. Um diese und andere Themen dreht sich diese Ausgabe.
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Jan hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Online-Journalist und Digitalpublizist. 2006 hat er das UPLOAD Magazin aus der Taufe gehoben. Seit 2015 hilft er als CONTENTMEISTER® Unternehmen, mit Inhalten die richtigen Kunden zu begeistern. Und gemeinsam mit Falk Hedemann bietet er bei UPLOAD Publishing Leistungen entlang der gesamten Content-Marketing-Prozesskette an. Der gebürtige Hamburger lebt in Santa Fe, New Mexico.
Hi Jan,
sehr gelungener Text mit historischer Rückschau.
Wenn Du erlaubst, noch zwei Begriffe AAL und Industrie4.0, wie: http://www.smowl.de/its-owl-und-andere-industrie4-0-projekte/
LG
Jan
Vielen Dank für die Ergänzung :)