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GPT-3 ausprobiert: Was können KI-Schreibwerkzeuge wirklich?

KI-Schreibwerkzeuge wie Jasper, Neuraltext und andere versprechen, Content-Schaffenden hilfreich unter die Arme zu greifen. Ideen ließen sich damit generieren, heißt es, das richtige Wort finden oder gar komplette Gliederungen für den nächsten Artikel erstellen – alles auf Knopfdruck. Klingt gut, aber was ist wirklich dran? Jan Tißler hat für diesen Beitrag die KI-Schreibfunktion von Neuraltext ausprobiert. Es basiert wie viele Konkurrenten auf dem Sprachmodell GPT-3 von OpenAI.

(Foto: © KirillM, depositphotos.com)

Was ist GPT-3?

GPT-3 ist ein Sprachmodell entwickelt vom Startup OpenAI in San Francisco, hinter dem als Geldgeber unter anderem Elon Musk und Microsoft stehen. OpenAI bietet eine kostenpflichtige Schnittstelle („API“) an, die andere Startups nutzen können, um eigene Produkte zu entwickeln. Ein Angebot sind KI-Schreibwerkzeuge wie Jasper, Neuraltext und viele, viele andere. Es gibt zahlreiche Angebote in diesem Bereich, die sich alle sehr ähneln – auch in ihren Ergebnissen.

Für diesen Artikel habe ich Neuraltext genutzt, da ich darauf Zugriff habe.

Was ich in diesem Artikel zeige, sollte nach meiner Einschätzung repräsentativ für die Qualität aller Angebote sein, die ebenfalls auf GPT-3 setzen.

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neuroflash

 

Wie schlau sind solche KI-Tools?

Eine grundsätzliche Schwierigkeit eines KI-Werkzeugs wie GPT-3: Es versteht nicht, was es erstellt. Es ist also weit entfernt von menschlicher Intelligenz, auch wenn es manchmal anders aussehen mag. Es wurde vielmehr anhand zahlreicher vorhandener Texte „trainiert“ und hat daraus ein internes System entwickelt. Die KI hat im Prinzip Zusammenhänge und Muster erkannt. Auf Basis dieser Trainingsdaten erzeugt sie dann selbstständig weitere Inhalte.

Kritiker sehen unter anderem als Problem an, dass dabei ebenso Falschinformationen oder Vorurteile in ein Sprachmodell einfließen, die es wiederum verstärkt.

Google hat in letzter Zeit zudem erklärt, dass automatisch erstellte Inhalte als Spam gewertet werden können, sofern sie dazu dienen, die Suchmaschine zu täuschen. Das bedeutet nicht zwingend, dass jeder Robotertext automatisch als Spam angesehen wird. Aber es ist sicher nicht empfehlenswert, ausschließlich oder überwiegend auf solche Werkzeuge zu setzen.

Wie wir gleich sehen werden, ist das aber auch aus anderen Gründen gar nicht sinnvoll.

Einschränkend möchte ich erwähnen, dass dieser Artikel kein wissenschaftlicher Test ist. Ich zeige an einem für mich naheliegenden Beispiel, welche Ergebnisse ich bekomme. Bei anderen Themen könnten die Resultate auch deutlich besser aussehen, aber sicherlich auch noch schlechter.

Darüber hinaus gibt es spezialisierte Dienste, die zum Beispiel anhand von Produktdaten einen Beschreibungstext erstellen. Generell kommen KIs deutlich besser mit solchen strukturierten Informationen zurecht. Oder es gibt Anbieter, die ihre Anwendungen speziell mit thematisch passenden Inhalten trainieren.

GPT-3 ausprobiert am praktischen Beispiel

Nach dieser Vorrede schauen wir uns nun wie versprochen Neuraltext an und so bewirbt es sich selbst:

Es verspricht uns also, dass wir schneller auf die richtigen Wörter kommen. Und es möchte uns bei der Content-Erstellung helfen.

Das sind realistische Erwartungen, wie wir gleich noch sehen werden. Heutige AI-Tools sind nicht gut genug, um automatisiert und unkontrolliert Texte zu schreiben. Selbst einen ersten, grob verwendbaren Entwurf zu bekommen, ist schon eine Herausforderung (und auch ein wenig Glückssache).

So sieht es nach dem Anmelden aus:

Worauf ich mich für diesen Beitrag konzentrieren möchte, findet sich in der Navigation links im Bereich „Smart Copy“.

Hier legt man als erstes eine „Kampagne“ an. 

Ich habe mir für den Test das Thema „Content-Marketing für Einsteiger“ ausgesucht. Zum einen kenne ich mich in diesem Bereich aus. Zum anderen fände ich es tatsächlich hilfreich, hier auf neue Ideen und Ansätze zu kommen. Und ich würde davon ausgehen, dass es dazu bereits viel Material gibt, aus dem eine KI schöpfen kann. Nicht zuletzt ist es kein übermäßig komplexes Thema.

Hat man die Kampagne angelegt, bekommt man eine Vielzahl verschiedener Tools zur Auswahl, die jeweils leicht andere Spezialitäten haben und Schwerpunkte setzen:

Oben im Screenshot siehst du die Kategorien, in die diese Werkzeuge sortiert sind: Ideenfindung, Website, E-Mail, Schreiben, Social Media, Landing Page, Copywriting-Formeln, Anzeigen, Produktbeschreibung und „Verschiedenes“. Darunter die Werkzeuge, die in die Kategorie „Ideenfindung“ fallen.

Schauen wir uns einmal die Blog-Ideen an. Du gibst deinem geplanten Beitrag einen Titel und eine kurze Beschreibung. Anhand dessen versucht die KI, sinnvolle Ideen zu generieren:

Wie man hier bereits sieht, sind die Ideen nicht alle sinnvoll. Wie eingangs erwähnt, versteht die KI nicht, was sie produziert. Sie sieht Sprache vielmehr als mathematisches Problem. Und Dinge wie „(Teil 3)“ kommen sicher häufig vor. Ein Mensch würde so etwas natürlich nicht vorschlagen. Das gilt ebenso für „So erstellen Sie 2018 eine Content-Marketing-Strategie“. Hier kann man immerhin als Erkenntnis mitnehmen: Die Jahreszahl in den Titel zu nehmen, ist zweifellos beliebt.

Hat man Favoriten unter den Ideen gefunden, speichert man sie mit einem Klick auf den Stern ab. Alles andere kann man löschen – und es dann einfach erneut versuchen. Ich habe noch einmal auf „Generate Ideas“ geklickt und das ist das Ergebnis:

Um das noch klarzustellen: Dieses Werkzeug generiert tatsächlich nur die Überschriften-Ideen. Die  „5 Tipps zum erstellen großartiger Inhalte“ musst du dir also noch immer selbst ausdenken.

Oder aber du versuchst es mit einem weiteren Tool: der Blog Outline. Ich habe dazu die Idee „5 Tipps zum Erstellen großartiger Online-Inhalte, die Menschen konvertieren“ übernommen, auch wenn die Überschrift ein wenig schief ist.

Dabei kommt das heraus:

Anhand dieser Ergebnisse sieht man meiner Meinung nach sehr schön sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen solcher Werkzeuge. Keiner dieser Top-Treffer ist für sich genommen sinnvoll. Teilweise wird die Überschrift sogar in abgewandelter Form wiederholt. Oder aber die Ergebnisse haben nichts damit zu tun, wie man „großartige Online-Inhalte“ erstellt.

Mit anderen Worten: Ein solches Tool hilft dir gar nichts, wenn du dich mit dem Thema nicht auskennst. Und keinesfalls kannst du damit in wenigen Klicks bahnbrechende Artikel schreiben.

Aber da wir gerade dabei sind: Testen wir noch weitere Werkzeuge. Hier der FAQ-Generator:

Grundsätzlich sind solche FAQs eine gute Sache. Zum einen könnten sie dir Ideen dafür geben, was in deinem Artikel vorkommen sollte. Vielleicht sind sie sogar interessant für einen eigenen Artikel. Zum anderen könnte deine Antwort auf Googles Suchergebnisseite auftauchen – wenn du es richtig anstellst.

Die Ergebnisse des Generators finde ich hier wieder recht durchwachsen, aber bisweilen brauchbar.

Mein nächstes Beispiel ist der „Long-Form Editor“. Er verspricht, dir direkt beim Schreiben zu helfen. Du startest einen Text und der Editor schreibt auf Knopfdruck weiter. Schauen wir uns einmal an, wie das aussieht.

Ich habe dem Editor den Satz vorgegeben: „Content-Marketing ist eine beliebte Methode für Unternehmen und Organisationen, um die richtige Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen, Vertrauen zu gewinnen und eine Beziehung aufzubauen.“ Das wäre aus meiner Sicht ein guter erster Satz, wenn man Content-Marketing in einem eigenen Beitrag erklären wollte.

Wie geht es danach weiter? Ergebnis:

Die KI ergänzt den Satz: „Inhaltliche Kommunikation ist wichtig, um den Nutzern zu vertrauen, um sie zu erfassen, um sie zu motivieren, um sie zu unterstützen, um sie zu vertrauen, um sie zu vertrauen“

Diplomatisch ausgedrückt ist das Kauderwelsch. Versuchen wir stattdessen, der KI eine Vorlage zu geben, die sie vervollständigen soll. Ich ergänze deshalb nach meinem ersten Satz: „Es gibt mehrere Herausforderungen beim Content-Marketing: “

Ergebnis: „Werden die Inhalte schnell und leicht zugänglich gestaltet, ist das Ergebnis sicherlich höher als wenn sie langsam erstellt wurden. Die folgende Checklist zeigt Ihnen, wie Sie mit der Content-Marketing umgehend“

Ja, der Satz bricht einfach ab. Aber auch der Rest ergibt keinerlei Sinn – zumindest für einen Menschen. Versuchen wir es mit der Option „Long“, die einen längeren Text erzeugen sollte zum selben Ausgangstext:

Das Ergebnis ist längeres Kauderwelsch:

Werden sie erfolgreich umgesetzt? Welche Vorteile hat der Content-Marketing? Wie ist der Content-Marketing unterschiedlich?

Dieses Buch zeigt, wie man mit der Content-Marketing seinen Kunden vertraut und erfolgreich umgesetzt, und zeigt auch, wie man mit dem Content-Marketing seinen Kunden vertraut und erfolgreich umgesetzt.

Die Autorin zeigt, wie man mit der Content-Marketing seinen Kunden vertraut und erfolgreich umgesetzt, und zeigt auch, wie man mit dem Content-Marketing seinen Kunden vertraut und er

Da wird mir dann schon ein bisschen schwindelig: Klingt wie Deutsch, aber ich habe keine Ahnung, worum es dort geht. Offenbar vertraue ich meinen Kunden?

Okay, unternehmen wir einen letzten Versuch mit dem „Essay Outline“-Werkzeug. Das sollte mir also auf Knopfdruck die Gliederung für einen längeren, analytischen Beitrag liefern. Ich habe hier vorgegeben: „Wie Content-Marketing für immer verändert hat, wie Unternehmen kommunizieren“. Vorschläge der KI:

Am beeindruckendsten ist hier, dass die KI im Vorbeigehen das Wort „Schnörllosigkeit“ erfunden hat. Wobei mir leider nicht ganz klar ist, was damit gemeint sein könnte. Google kennt es ebenfalls nicht und glaubt, ich meinte „Schwerelosigkeit“.

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Fazit

Dieser Selbsttest sollte am praktischen Beispiel zeigen, was Angebote auf Basis von GPT-3 leisten können. Sie haben meiner Meinung nach ihre Berechtigung, aber eben in engen Grenzen. Sie sind definitiv nicht so verblüffend und hilfreich, wie manche Berichte behaupten. Für die Ideenfindung finde ich sie beispielsweise durchaus geeignet. Wobei ich da eine konkrete Keywordrecherche als zielführender ansehe.

Es ist gut möglich, dass die Ergebnisse mit kommenden Generationen bald deutlich besser werden. Zum heutigen Stand aber solltest du deine Erwartungen niedrig halten und auf jeden Fall ein solches Werkzeug ausführlich testen, bevor du eventuell einen langfristigen Zugang kaufst.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 102

Für Content-Spezialist:innen ist Sprache ein täglich genutztes Werkzeug und die treffenden Wörter zu finden, ist eine wichtige Fertigkeit. Darum dreht sich der Schwerpunkt dieser Ausgabe. Darin: Marketingsprech und andere Unsitten, Wortwahl in Krisenzeiten, KI-Schreibtools. Außerdem findest du darin die erste UPLOAD-Kolumne des Usability- und UX-Fachmanns Jens Jacobsen: Warum Fragebögen meist so unterirdisch schlecht sind. In zwei weiteren Kolumnen geht es um Content-Pläne, die mit der Wirklicheit kollidieren und warum „mehr Content“ meist nicht die richtige Antwort ist. Plus: Eine Anleitung für internationales Content-Marketing.

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