Google SGE, Bing Chat und andere: Wie verändern KI-Suchen das Content-Marketing?

Suchmaschinen wie Google und Bing integrieren testweise KI-generierte Antworten in ihre Ergebnisseiten. Damit besteht die Gefahr, dass noch mehr Onlinesuchen ohne Klick auf eine Website enden. Zugleich gibt es auch Chancen, wie Jan Tißler in seinem Beitrag aufzeigt. Dazu muss man sich allerdings als vertrauenswürdige Quelle etablieren.

Symbolfoto zeigt das Logo von Google Bard auf einem Smartphone
(Foto: © GiulioBenzin, depositphotos.com)

Zusammenfassung

Die wichtigsten Punkte auf einen Blick …
  • Generative KI wie ChatGPT wird auch in Suchmaschinen eingesetzt. Google und Bing testen KI-generierte Antworten in den Suchergebnissen.
  • Einerseits besteht die Gefahr, dass mehr Suchen ohne Website-Klick enden. Andererseits verlinken KI-Antworten auf Quellen und bieten damit Chancen.
  • Für einfache Alltagsfragen kann diese Entwicklung dennoch problematisch werden. Content Marketing muss sich anpassen: mehr Experten als Autoren, Verweis auf Quellen, eigene Daten etc.
  • Langfristig könnten neue Verbreitungswege wie Community Building den Trafficverlust ausgleichen helfen. Insgesamt sind Anpassungen nötig, aber zumindest heute noch kein radikaler Strategiewechsel.

Einleitung: Generative KI

Generative KI-Werkzeuge sind derzeit ein großer Hype. In diese Kategorie fallen etwa KI-Bildgeneratoren wie MidJourney und Stable Diffusion oder textbasierte KI-Helfer wie OpenAIs ChatGPT.

Der Hype ist so groß, da diese Werkzeuge erstaunlich gute Ergebnisse liefern können. Wer sich in die Besonderheiten der aktuellen Angebote einarbeitet, kann damit in Windeseile Bilder und Texte erzeugen, die mindestens als Ausgangsbasis für einen eigenen Inhalt geeignet sind. Je nach Thema, Aufgabe und Qualitätsanspruch können selbst die unbearbeiteten Ergebnisse schon gut genug erscheinen.

Zugleich haben diese Werkzeuge ihre Grenzen und spezielle Schwächen, die man kennen sollte. So hat generative Text-KI bisweilen die Tendenz, Informationen und Fakten schlicht zu erfinden – in Fachkreisen wird das als „Halluzinieren“ bezeichnet. In dem Moment ergänzt die KI etwas, weil es gut klingt oder passend aussieht.

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Ein anderes, verwandtes Problem ist ein begrenzter Wissenshorizont: So kennt eine heute übliche KI oftmals nur, was in ihren Trainingsdaten steht. Neue Erkenntnisse, die erst danach aufgekommen sind, fehlen entsprechend. Oder manche Themen sind besser abgedeckt als andere. Oder aber weit verbreitete Falschinformationen, Gerüchte und Vorurteile werden plötzlich als Fakt ausgegeben, wenn sie einer KI als vorherrschende Meinung erscheinen.

Aber selbst mit diesen Einschränkungen gilt: Diese Angebote können in vielen Situationen enorm hilfreich sein.

Generative KI-Tools in Suchmaschinen

Screenshot zeigt ein Google-Suchergebnis mit einer durch KI generierten Antwort
Beispiel einer Google-Suche mit einer KI-Antwort oberhalb der regulären Suchergebnisse.

Während viele Content-Spezialisten bei KI-Tools aber vor allem betrachten, inwiefern sie bei der Arbeit helfen können, gibt es eine zweite Seite: Auch die eigene Leserschaft wird Dienste wie ChatGPT entdecken, weil sie diverse Fragen beantworten können. Eine separate Websuche ist in der Folge seltener notwendig als bisher. Und das wirkt sich direkt aufs Content-Marketing aus, das gern solche Fragen in Artikelform beantwortet, um passende Zielgruppen auf eine Website zu locken. Siehe dazu meine Kolumne „Hilfe, ChatGPT nimmt mir die Leserschaft weg!“.

Fakt ist aus meiner Sicht: Die Ruhe und Fokussiertheit von ChatGPT steht in einem angenehmen Kontrast zur Komplexität einer modernen Suchergebnisseite. Ganz zu schweigen von den viel zu häufig mit Werbung, Overlays und Call-to-Actions überfüllten Websites.

Damit werden solche Assistenten zur Konkurrenz für Suchmaschinen. Das haben auch Unternehmen wie Microsoft und Google erkannt. Bevor die Nutzerschaft etwa in Richtung KI-Assistenten abwandert, integrieren sie entsprechende Funktionen lieber testweise in die eigenen Ergebnisseite.

Im gleichen Atemzug verringern sich damit einige der oben genannten Probleme von generativer KI, wenn man sie mit einer Suchmaschine kombiniert: Die hat schließlich eine der aktuellsten und umfassendsten Sammlungen von Informationsquellen, die man sich vorstellen kann.

Screenshot zeigt ein Suchergebnis von Bing mit einem KI-generierten Text in einem separaten Kasten.
Bei Bing sind die KI-generierten Empfehlungen eher unauffällig in einem Kasten rechts von den Suchergebnissen untergebracht.

Entsprechend arbeitet etwa Microsoft im großen Stil mit OpenAI zusammen und hat in Windeseile etliche KI-Helferlein in seine Produkte integriert. Allen voran natürlich in die Suchmaschine Bing.

„The New Bing“ bietet zum einen KI-generierte Antworten auf Suchanfragen und zum anderen den „Bing Chat“, hinter dem eine angepasste Version von ChatGPT steckt.

Bei Google wiederum haben Microsofts begeisterte Betriebsamkeit und der generelle Hype um ChatGPT offenbar einen Alarm ausgelöst. Schon bald präsentierten sie mit der „Search Generative Experience“ (SGE) einen eigenen Entwurf. Hier finden sich KI-generierte Antworten als zusätzliches Element über den bisherigen Ergebnissen. Es gibt allerdings auch eine Reihe von Suchen, zu denen SGE keine KI-Antworten liefert. Dazu gehören etwa Fragen rund um Gesundheit und Geld oder potenziell anstößige Themen.

Ergänzend bietet Google mit „Bard“ einen direkten Konkurrenten zu ChatGPT und Bing Chat an. Zwar waren Bards Antworten zu Beginn ein gutes Stück von der Qualität des Vorbilds entfernt, aber Google entwickelt dieses Angebot in schnellen Schritten weiter.

Neben den bekannten großen Anbietern, sind andere ebenfalls in diesem Bereich aktiv und sehen Chancen, sich zu profilieren. So benutze ich persönlich etwa die kostenpflichtige Suchmaschine Kagi. Sie bietet eine Reihe von KI-Funktionen an, etwa um sich einen Überlick zu wesentlichen Aussagen der Suchergebnisse geben zu lassen. Oder der „Universal Summarizer“ fasst Artikel, PDFs, Podcasts oder auch YouTube-Videos in wenigen Sätzen zusammen und kann individuelle Fragen zu diesen Inhalten beantworten.

Nur ein Hype oder doch mehr?

Der Hype rund um generative KI hat aus meiner Sicht viel Substanz. Ich habe etliche Werkzeuge in diesem Bereich ausprobiert und bin von ihren Fähigkeiten noch immer begeistert. ChatGPT hat bei mir einen festen Platz als Werkzeug für viele Gelegenheiten bekommen. In den letzten Wochen habe ich zudem den Konkurrenten Claude ausprobiert und fand dessen Antworten bisweilen besser, auf jeden Fall spürbar anders. (Claude ist aktuell nur in den USA und in Großbritannien verfügbar.)

Nach der ersten überhitzten Begeisterung wird aber dennoch eine Phase der Ernüchterung eintreten. So funktioniert schließlich der „Hype Cycle“. Beispiel: Die Nutzerzahlen bei ChatGPT sind wohl erstmals zurückgegangen. Unklar ist aber, ob diese Nutzerinnen und Nutzer dem Thema ganz den Rücken gekehrt haben oder stattdessen andere Angebote nutzen. Klar ist aber, dass ChatGPT & Co. heute testweise für viele Aufgaben eingesetzt werden, denen sie nicht wirklich gewachsen sind.

Derweil geht die Entwicklung in einem rasanten Tempo weiter. Was als allgemeiner Chat-Service angefangen hat, wird dabei immer spezieller. So gibt es erste Anbieter, die einen KI-Assistenten für den Einsatz im Unternehmen anbieten, der auf interne Dokumente trainiert ist. Spannend auch, wenn Open-Source-Alternativen einen freien und offenen Zugang zu solchen Werkzeugen anbieten, die außerdem auf dem eigenen Rechner laufen und nicht in der Cloud.

Kurzum: KI-unterstützte Werkzeuge und Dienste gehen nicht wieder weg. Vielmehr ist zu erwarten, dass sie in den nächsten Monaten und Jahren leistungsfähiger und anpassbarer werden.

Einschätzung der KI-Suchen aus Content-Sicht

Screenshot zeigt ein KI-Suchergebnis von Google, bei dem jede Aussage mit einer Quelle inklusive Link belegt ist.
Google präsentiert die Quellen der KI-Antworten recht prominent. Mit einem Klick zeigen sie gar für jede Aussage die entsprechende Quelle.

Mit Blick auf solche KI-Suchangebote kommt nun jedenfalls die Frage auf, inwiefern sich Content-Marketing verändern muss. Noch provokanter könnte man fragen, inwiefern es überhaupt noch gebraucht wird, wenn doch KI-Assistenten Antworten auf alle Fragen in allen Lebenslagen zu haben scheinen.

Die oben gezeigten Beispiele von Bing und Google stimmen mich da zunächst optimistisch. Denn im Gegensatz zu beispielsweise ChatGPT oder Claude erklären deren KI-Texte, woher sie ihre Weisheiten haben. So finden sich etwa Fußnoten mit Links zu den Quellen. Bei Googles SGE gibt es gar eine Möglichkeit, sich zu jedem Punkt innerhalb einer Antwort die entsprechende Quelle anzeigen zu lassen.

Hier besteht aus meiner Sicht (je nach Thema) eine große Chance, dass die suchenden Personen doch noch zu der einen oder anderen Seite weiterklicken, um mehr zu erfahren. Gerade Google präsentiert die Quellseiten sehr prominent.

Interessanterweise hat ein Test von SEO Südwest gezeigt, dass die KI-Antworten bei Google nicht zwingend aus den Top-10 des Suchergebnisses stammen müssen. Das könnte sich als Chance für kleinere, spezialisierte Seiten erweisen.

Ein Dämpfer sind diese neuen KI-unterstützten Suchergebnisse vor allem für Inhalte, die eher alltägliche Fragen behandeln, bei denen eine automatisch generierte Antwort bereits ausreichend sein kann. Schon heute enden viele Suchanfragen ohne einen Klick auf eines der Ergebnisse („Zero Click Searches“). Diese Zahl dürfte sich durch KI-Suchen noch vergrößern.

Gerade im Content-Marketing sind solche Ratgeberartikel für Probleme und Fragen des Alltags allerdings ein wichtiges Element, um mehr Besucher auf eine Website zu bekommen. Hier zeichnet sich also ab, dass ein gewisses Umdenken bei der Themen- und Inhaltsplanung stattfinden muss.

Was ist zu tun?

Bei aller Begeisterung für die neue Technik, sollte man aber nicht vergessen, dass diese KI-Werkzeuge noch nicht in der breiten Bevölkerung angekommen sind. Insofern müssen Content-Strategien nicht eilig umgeschrieben werden.

Aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass sich sowohl KI-Assistenten als auch KI-gestützte Suchen durchsetzen werden. Wer sich allein auf die Trafficquelle Suchmaschine verlässt, wird darauf reagieren müssen.

Das gilt auch für die Art und Qualität der Inhalte. In einem anderen Artikel hatte ich bereits gezeigt, welche Inhaltsformate die menschliche Seite betonen – und sich damit klar von automatisch generiertem Content abgrenzen. In einem Beitrag von Falk Hedemann liest du zudem, welche Aspekte Inhalten ein menschlicheres Gesicht geben

Außerdem hatten wir in einem Artikel über Googles Information Gain Score geschrieben, den es bislang nur in Form eines Patents gibt: Er ist eine Methode, um Inhalte zu finden, die einen anderen Inhalt ergänzen anstatt dieselben Fakten nur in anderen Worten zu wiederholen. Es würde damit also noch wichtiger, eigene Zahlen und Fakten zu recherchieren, Stimmen von Fachleuten einzuholen, Beispiele zu finden und einiges mehr.

Nicht zuletzt ist abzusehen, dass Contentqualität noch wichtiger wird als bisher schon. Das bedeutet unter anderem Vertrauenswürdigkeit, wenn etwa die Autorin eines Beitrags eine bekannte Expertin ist. Das kann ebenfalls bedeuten, hochwertige Quellen zu finden und im Beitrag zu verlinken, um wichtige Aussagen zu belegen. Siehe dazu auch Olaf Kopps Artikel zu „Digital Authority Management“.

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Schlusswort

Ja, Content-Marketing muss sich an diese neuen Entwicklungen anpassen und sich weiterentwickeln. Das benötigt (meistens) keine dramatischen Änderungen. Und es muss sicherlich nicht von heute auf morgen passieren.

Etwas nervös werden zugleich alle, die sich bisher hauptsächlich auf austauschbare Themen gestützt und ihre Inhalte aus den Top-Treffern der Google-Suche zusammenkopiert haben.

Außerdem wird es neue Aufgabengebiete geben, um den kommenden Trafficverlust von Google und Co auszugleichen. Dazu gehört etwa Community Building. Und genau damit werden wir uns in einer kommenden Ausgabe noch genauer auseinandersetzen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 109

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